Kammergesetz

Gesetz über die Berufsvertretungen, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten
und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
(Heilberufsgesetz)

In der Fassung vom 19.05.1995 (GVBl. I S. 374);
geändert durch Gesetz vom 13.06.1997 (GVBl. I S. 186),
geändert durch Gesetz vom 27.02.2001 (GVBl. I S. 139)

Erster Abschnitt

Die Kammern

§ 1

Die Landesärztekammer Hessen, die Landeszahnärztekammer Hessen, die Landestierärztekammer Hessen, die Landesapothekerkammer Hessen und die Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten und für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie führen ein Dienstsiegel. Den Sitz der Kammern bestimmen die Satzungen. Die Satzungen regeln auch, in welchen Mitteilungsblättern amtliche Veröffentlichungen der Kammern erfolgen.

§ 2

(1) Den Kammern gehören als Berufsangehörige an alle
1. Ärztinnen und Ärzte,
2. Zahnärztinnen und Zahnärzte,
3. Tierärztinnen und Tierärzte,
4. Apothekerinnen und Apotheker,
5. Psychologische Psychotherapeutinnen und
Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen
Und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten,
die in Hessen ihren Beruf ausüben. Ausgenommen sind die in der Aufsichtsbehörde (§ 20 Abs. 2) tätigen Berufsangehörigen; diesen steht der freiwillige Beitritt offen. Ebenso können Berufsangehörige, die ihren Beruf nicht ausüben oder die zuletzt ihren Beruf in Hessen aus-geübt haben und außerhalb der Bundesrepublik Deutschland tätig sind, nach Maßgabe der Hauptsatzung der Kammern freiwilliges Mitglied werden. Personen, die sich in der prakti-schen pharmazeutischen Ausbildung nach der Approbationsordnung für Apotheker befinden, steht der freiwillige Beitritt offen.

(2) Kammerangehörige haben sich binnen eines Monats, bei vorübergehender Berufsaus-übung in fünf Tagen nach Aufnahme der beruflichen Tätigkeit unter Vorlage ihrer Berechtigungsnachweise bei der zuständigen Kammer und bei dem zuständigen Gesundheitsamt oder, wenn sie Berufsangehörige im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sind, dem zuständigen Staatlichen Amt für Lebensmittelüberwachung, Tierschutz und Veterinärwesen anzumelden; sie haben diesen die Beendigung ihrer Berufsausübung und den Wohnsitz- und Niederlassungswechsel anzuzeigen sowie den Ladungen der Kammer Folge zu leisten.

(3) Die Kammern dürfen Daten ihrer Kammerangehörigen nur verarbeiten, soweit dies für die Wahrnehmung der ihnen in diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben erforderlich ist. Für jeden Kammerangehörigen wird eine Akte angelegt. Das Nähere, insbesondere den Umfang der von den Kammerangehörigen bei der Meldung anzugebenden Daten und vorzulegenden Unterlagen, den Umfang der Datenweitergabe bei einer Verlegung der Tätigkeit der Kammerangehörigen innerhalb oder außerhalb Hessens sowie die Dauer der Speicherung der Daten über die Kammerangehörigen, regelt eine Satzung (Meldeordnung). Für die Kammern gelten die Bestimmungen des Hessischen Datenschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung. Die Kammern übermitteln den zuständigen Behörden gegen Erstattung der Kosten für die von diesen nach der Dienstordnung für die Gesundheitsämter - Besonderer Teil - vom 30. März 1935 (RMBl. S. 327, 435), geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 1987 (GVBl. 1988 I S. 11), zu führenden Listen über die Berufsangehörigen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 halbjährlich nachfolgende Angaben:
1. Name und Vorname,
2. Dienstanschrift,
3. Anerkannte Bezeichnungen nach den Weiterbildungsordnungen.

(4) Die Landesärztekammer und die Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten und für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bilden zur gemeinsamen Erörterung von die Ausübung der Psychotherapie betreffenden Fragen, insbesondere zur Weiterbildung und Berufsordnung, einen Beirat. Der Beirat besteht aus mindestens zehn und höchstens 20 Mitgliedern, die auf Vorschlag der Kammern von dem für das Gesundheitswesen zuständi-gen Ministerium in gleicher Zahl für jede Kammer bestellt werden. Für jedes Mitglied im Beirat wird ein stellvertretendes Mitglied bestellt. Die von der Landesärztekammer entsandten Mitglieder sollen Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten im Sinne des § 1 Abs. 1 des Psychotherapeutengesetzes vom 16. Juni 1998 (BGBl. I S. 1311) sein. Der Beirat bestimmt ein vorsitzendes Mitglied aus den ernannten Mitgliedern der Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten und für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und ein vorsitzendes Mitglied aus den ernannten Mitgliedern der Landesärztekammer; die beiden vorsitzenden Mitglieder wechseln jährlich im Vorsitz ab und vertreten sich gegenseitig. Ziel der Arbeit des Beirats ist insbesondere die Verabschiedung von Empfehlungen zur Qualitätssicherung und zur Koordination der Weiterbildungsgänge beider Berufsgruppen. Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.

§ 3

(1) Berufsangehörige, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäi-schen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (BGBl. 1993 II. S. 266) sind und im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Begründung eines Wohnsitzes und ohne berufliche Niederlassung im Rahmen des Dienstleistungsverkehrs nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften den Beruf ausüben, gehören den in § 1 genannten Kammern nicht an, solange sie in ihrem Heimat- oder Herkunftsland wohnhaft sind oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(2) Die in Abs. 1 genannten Berufsangehörigen sind verpflichtet, die beabsichtigte Ausübung des Berufs der zuständigen Kammer anzuzeigen, ihr die für die Erbringung der Dienstleistung erforderlichen Zeugnisse und Bescheinigungen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. In dringenden Fällen kann die Anzeige unverzüglich nachgeholt werden.

(3) Die Berufsangehörigen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder aus einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben bei dem Erbringen von Dienstleistungen die gleichen Rechte und Pflichten wie Kammerangehörige. Die Vorschriften der §§ 22 und 23 über die Pflichten zur gewissenhaften Berufsausübung, insbesondere die Fortbildungspflicht, die Pflicht zur Teilnahme am Notfalldienst und die Dokumentationspflicht, die nach den §§ 24 und 25 erlassenen Berufsordnungen und der Sechste Abschnitt dieses Gesetzes finden auf sie sinngemäß Anwendung.

§ 4

Die Kammern können Untergliederungen errichten.

§ 5

(1) Aufgaben der Kammern sind insbesondere:
1. die Erfüllung der Berufspflichten der Kammerangehörigen zu überwachen, soweit nicht bei öffentlichen Bediensteten die Zuständigkeit des Dienstvorgesetzten gegeben ist,
2. die berufliche Fortbildung der Kammerangehörigen zu fördern,
3. für ein gedeihliches Verhältnis der Kammerangehörigen untereinander zu sorgen und Streitigkeiten zwischen Berufsangehörigen sowie zwischen ihnen und Dritten, die aus der Berufsausübung entstanden sind, zu schlichten und Gutachter- und Schlichtungsstellen zur Prüfung von Behandlungsfehlern einzurichten; die Zuständigkeit anderer Instanzen bleibt unberührt,
4. den öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen,
5. auf Ersuchen von Behörden zu einschlägigen Fragen Gutachten zu erstatten, Sachverständige namhaft zu machen und zu Gesetzentwürfen Stellung zu nehmen,
6. die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu fördern und die Mitwirkung der Kammer-mitglieder an der Sicherung der Qualität ihrer beruflichen Leistungen zu regeln,
7. die Ausstellung von qualifizierten Zertifikaten oder qualifizierten Attribut-Zertifikaten mit Angaben über die berufsrechtliche Zulassung nach dem Signatur-Gesetz vom 22. Juli 1997 (BGBl. I S. 1870, 1872), geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3836), wobei die Kammern vorhandene Zertifizierungsstellen nutzen können. Die Kammern können zur Information der Patienten, insbesondere in Bezug auf Behandlungsmöglichkeiten, Aus-kunftsstellen einrichten oder sich daran beteiligen.

(2) Die Kammern können nach Maßgabe einer besonderen Satzung Versorgungseinrichtungen zur Sicherung der Kammermitglieder im Alter und bei Berufsunfähigkeit sowie zur Sicherung der Hinterbliebenen schaffen. Sie können die Kammermitglieder verpflichten, Mitglieder der Versorgungseinrichtung zu werden. Das Vermögen der Versorgungseinrichtung ist vom übrigen Vermögen der Kammern getrennt zu verwalten. In der Satzung des Versorgungswerkes sind zu regeln:
1. die versicherungspflichtigen Mitglieder,
2. die Art und der Umfang der Versorgungsleistung,
3. die Höhe der Beiträge,
4. der Beginn und das Ende der Teilnahme,
5. die Befreiung von der Teilnahme,
6. die freiwillige Teilnahme, insbesondere nach Beendigung der Mitgliedschaft in der Kammer.
Die Landesapothekerkammer kann durch Satzung auch eine Einrichtung zur Herbeiführung eines sozialen Ausgleichs zwischen älteren und jüngeren in Apotheken tätigen pharmazeutischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und solchen mit und ohne Familie schaffen (Gehaltsausgleichskasse).

(3) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung der Kammer mit deren Einwilligung im Rahmen ihres Aufgabenkreises staatliche Aufgaben des Gesundheits- und Veterinärwesens zur Erfüllung nach Weisung zu übertragen, wenn und solange die sachgerechte und wirtschaftliche Erfüllung der Aufgabe durch die Kammer gewährleistet ist. Das fachliche Weisungsrecht bleibt der Aufsichtsbehörde vorbehalten. In der Rechtsverordnung sind Bestimmungen über die Deckung und Tragung der Kosten zu treffen. Soweit nicht das Land die entstehenden notwendigen Kosten trägt, deckt diese die Kammer durch Erhebung von Gebühren und Auslagen (Kosten) als Gegenleistung für Amtshandlungen oder sonstige Verwaltungstätigkeiten, die sie auf Veranlassung oder überwiegend im Interesse einzelner vornimmt. Sie hat die Gebühren unter Berücksichtigung des Interesses der Gebührenpflichti-gen und nach dem Verwaltungsaufwand zu bemessen. Ihr Aufkommen soll in der Regel die Kosten decken. Die Bestimmungen des Hessischen Verwaltungskostengesetzes, insbeson-dere dessen §§ 8 bis 11, in ihrer jeweiligen Fassung sind anzuwenden.

(4) Zur Wahrung von Berufs- und Standesfragen sind die Kammern berechtigt, mit Kammern des gleichen oder anderer Heilberufe und mit Verbänden, die gesetzliche Aufgaben in der Sozialversicherung wahrnehmen, Arbeitsgemeinschaften zu bilden.

§ 6

(1) Die Landesapothekerkammer Hessen ist zuständig, nach den Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung 1. von der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft für die Dauer der ortsüblichen Schließzeiten, der Mittwochnachmittage, Sonnabende oder der Betriebsferien und, sofern ein berechtigter Grund vorliegt, auch außerhalb dieser Zeiten zu befreien, wenn die Arzneimittelversorgung in dieser Zeit durch eine andere Apotheke, die sich auch in einer anderen Gemeinde befinden kann, sichergestellt ist,
2. eine Apotheke, die keiner Anordnung nach § 4 Abs. 2 des Ladenschlussgesetzes unterliegt, für bestimmte Stunden oder für Sonn- und Feiertage von der Dienstbereitschaft zu befreien,
3. in begründeten Einzelfällen die Apothekenleitung auf Antrag von der Verpflichtung zum Aufenthalt in der Apotheke oder in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Apothekenbetriebsräumen zu befreien, wenn die Leiterin oder der Leiter der Apotheke oder eine vertretungsberechtigte Person jederzeit erreichbar und die Arzneimittelversorgung in einer für den Kunden zumutbaren Weise sichergestellt ist,
4. die Erlaubnis zu erteilen, Rezeptsammelstellen zu unterhalten.

(2) Soweit der Landesapothekerkammer die Befugnis zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach der Apothekenbetriebsordnung übertragen ist, fließen die festgesetzten Geldbußen und Verwarnungsgelder in die Kasse der Landesapothekerkammer. Die Landesapothekerkammer hat die notwendigen Auslagen zu tragen, die Betroffenen nach § 105 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zu erstatten sind.

§ 6 a

Die Landesärztekammer errichtet eine Ethikkommission als unselbständige Einrichtung durch Satzung und regelt dabei insbesondere:
1. die Aufgaben der Ethikkommission,
2. ihre Zusammensetzung,
3. die Anforderungen an die Sachkunde, die Unabhängigkeit und die Pflichten der Mitglieder,
4. die Voraussetzungen für ihre Tätigkeit,
5. das Verfahren einschließlich der Anerkennung der Entscheidungen anderer Ethikkommissionen,
6. die Geschäftsführung,
7. die Aufgaben des den Vorsitz führenden Mitglieds,
8. die durch die Einrichtung und Tätigkeit der Ethikkommission anfallenden Kosten für die antragstellende Person,
9. die Entschädigung der Mitglieder.
Die Landeszahnärztekammer, die Landestierärztekammer, die Landesapothekerkammer und die Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten und für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten können die Errichtung einer Ethikkommission als unselbständige Einrichtung durch Satzung regeln. Satz 1 gilt entsprechend.

§ 6 b

Die Landesärztekammer ist zuständig für die Erteilung von Genehmigungen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.

§ 6 c

Soweit Stellen zur Begutachtung und Schlichtung von Streitfragen wegen Behandlungsfehlern als unselbständige Einrichtungen durch Satzung errichtet werden, sind insbesondere zu regeln:
1. ihre Aufgaben,
2. die Voraussetzungen für ihre Tätigkeit,
3. ihre Zusammensetzung,
4. die Anforderungen an die Sachkunde, die Unabhängigkeit und die Pflichten der Mitglieder,
5. das Verfahren und die Voraussetzungen für die Anrufung der Stellen,
6. die Aufgaben des den Vorsitz führenden Mitglieds,
7. die Berichterstattung,
8. die Verarbeitung personenbezogener Daten.

§ 7

Berufsangehörige im Sinne des § 3 Abs. 1 können von der zuständigen Kammer Informationen über
1. die bei Ausübung des Berufs zu beachtenden Gesundheits- und Sozialvorschriften oder
tiermedizinischen Vorschriften
2. das maßgebliche Berufsrecht und
3. Veranstaltungen zum Erwerb der zur Berufsausübung erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse erhalten.
Die Kammern sind auch zuständig zu prüfen, ob Berufsangehörige über die zur Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse verfügen. Die Aufgaben nach Satz 1 und 2 nehmen die Kammern als Auftragsangelegenheiten wahr.

§ 8

Die Kammern decken die Kosten, die ihnen durch die Wahrnehmung der in § 6 Abs. 1 und § 7 genannten Aufgaben entstehen, durch Erhebung von Gebühren und Einziehung der Auslagen für ihre Amtshandlungen. § 5 Abs. 3 Satz 4 bis 7 und § 12 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 sind anzuwenden. Soweit die Kosten nicht gedeckt werden, kann das Land einen Zuschuss zu dem Aufwand leisten, wenn dies erforderlich ist, um eine nicht zumutbare außer-gewöhnliche Belastung der Kammer zu vermeiden.

§ 9

Die Behörden leisten den Kammern die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Unterstüt-zung. Die Kammern sind ihrerseits zur Unterstützung der Behörden in gleicher Weise verpflichtet. Verwaltungsgebühren werden hierbei nicht erhoben; bare Auslagen werden erstattet.

§ 10

(1) Die Kammern erheben zur Deckung ihrer Kosten nach Maßgabe des Haushaltsplanes von den Kammerangehörigen Beiträge auf Grund einer Beitragsordnung. Zu diesem Zweck sind sie berechtigt, Daten über die Einkünfte der Berufsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 aus deren beruflicher Tätigkeit zu erheben und zu verarbeiten, soweit dies zur Veranlagung des Beitrages erforderlich ist. Für die Beitragsveranlagung können die Kammern von den Berufsangehörigen einen Auszug aus dem Einkommenssteuerbescheid oder eine schriftliche Bestätigung durch eine steuerberatende Stelle verlangen.

(2) Die Kammern können durch Kostensatzung die Erhebung von Gebühren und Auslagen vorschreiben für
1. Amtshandlungen, insbesondere die Durchführung von Prüfungen und Ausstellung von Ausweisen, Befähigungsnachweisen und anderen Urkunden,
2. die Benutzung von Einrichtungen und Gegenständen
sowie für besondere Leistungen.

§ 11

Mit einem Ordnungsgeld bis zu fünftausend Euro (zehntausend Deutsche Mark) im Einzelfall können belegt werden
1. Kammerangehörige, die der Pflicht nach § 2 Abs. 2, sich bei der zuständigen Kammer anzumelden, nicht rechtzeitig nachkommen, gegen die Berufsordnung verstoßen oder den sonstigen Pflichten des Satzungsrechts zuwiderhandeln, soweit die Satzung wegen der Pflichten auf diese Vorschrift verweist;
2. Berufsangehörige im Sinne des § 3 Abs. 1, die entgegen § 3 Abs. 2 Satz 1 ihrer Anzeige-pflicht nicht nachkommen oder die für die Erbringung der Dienstleistungen erforderlichen Zeugnisse oder Bescheinigungen nicht vorlegen oder der Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft zuwiderhandeln.
Die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist der pflichtigen Person vorher nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung schriftlich anzukündigen.

§ 12

(1) Rückständige Beiträge, Ordnungsgelder, offenstehende Gebühren sowie Mahn- und Vollstreckungskosten werden nach den Vorschriften über die Beitreibung von Geldbeträgen im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben. Vollstreckungstitel sind die von den Kammern aufgestellten, mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit und dem Siegel der Kammer verse-henen Rückstandsverzeichnisse. Vollstreckungsbehörde ist die Gemeinde, in der der Kam-merangehörige seinen Wohnsitz hat oder seinen Beruf ausübt.

(2) Die Gemeinde erhält zur Deckung der ihr durch die Vollstreckungshilfe erwachsenden Mehrausgaben außer den Vollstreckungskosten eine Hebegebühr in Höhe von fünf vom Hundert des eingezogenen Betrages.


Zweiter Abschnitt

Die Organe der Kammern


§ 13

Organe der Kammern sind:
1. die Delegiertenversammlung,
2. der Vorstand.

§ 14

(1) Die Delegiertenversammlung wird von den Kammerangehörigen auf die Dauer von vier Jahren in allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahl nach den Grundsätzen der Ver-hältniswahl gewählt. Das Land bildet einen Wahlkreis. Bei der Aufstellung von Wahl-vorschlägen sollen Frauen und Männer angemessen berücksichtigt werden.

(2) Nicht wahlberechtigt ist,
1. wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt,
2. eine berufsangehörige Person im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch dann, wenn der Aufgabenkreis der Betreuungsperson die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst
3. wem nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 das Wahlrecht zeitweilig entzogen worden ist,
4. wer das Wahlrecht auf Grund des § 50 Abs. 2 nicht besitzt.

(3) Das Wahlrecht ruht für Kammerangehörige, die sich auf Grund einer Anordnung nach § 63 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden.

(4) Nicht wählbar zur Delegiertenversammlung sind wahlberechtigte Kammerangehörige, die infolge Richterspruchs die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen.

§ 15

(1) Die für das Gesundheitswesen zuständige Ministerin oder der für das Gesundheitswesen zuständige Minister erlässt im Einvernehmen mit der für das Veterinärwesen zuständigen Ministerin oder dem für das Veterinärwesen zuständigen Minister nach Anhörung der Kammern die Wahlordnung.

(2) Die Kammern tragen die Wahlkosten.

§ 16

Die Delegiertenversammlung tritt spätestens drei Monate nach der Wahl zusammen.

§ 17

(1) Die Delegiertenversammlung beschließt über die Angelegenheiten der Kammer, soweit sich aus der Satzung nicht etwas anderes ergibt. Sie kann die Beschlussfassung über bestimmte Angelegenheiten auf den Vorstand übertragen. Nicht übertragen kann sie die Entscheidung über folgende Angelegenheiten:
1. die Geschäftsordnung,
2. die Wahl und die Entlastung des Vorstandes,
3. die Satzung,
4. die Berufsordnung, einschließlich der Weiterbildungsordnung und der Vorschriften über die Praxisankündigung,
5. die Schlichtungsordnung,
6. die Beitragsordnung,
7. die Kostensatzung,
8. die Feststellung des Haushaltsplanes,
9. die Aufstellung der Vorschlagsliste für die ehrenamtlichen Mitglieder der Berufsgerichte,
10. die Satzung des Versorgungswerkes.

(2) Satzung, Berufsordnung, Beitragsordnung, Kostensatzung, Satzung der Ethikkommission und Satzung des Versorgungswerkes bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

§ 18

(1) Der Vorstand besteht aus seinem vorsitzenden Mitglied (Präsidentin oder Präsident), dem stellvertretenden vorsitzenden Mitglied (Vizepräsidentin oder Vizepräsident) und mindestens
drei beisitzenden Mitliedern. Die Personen, die eine Vorsitz- oder stellvertretende Vor-sitzfunktion ausüben, dürfen nicht gleichzeitig dieselbe Funktion bei der Kassenärztlichen oder Kassenzahn-ärztlichen Vereinigung ausüben.

(2) Dem Vorstand der Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten und für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten muss mindestens eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin oder ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut angehören.

(3) Der Vorstand führt die laufenden Geschäfte der Kammer nach Maßgabe der Satzung. Er bereitet die Sitzung der Delegiertenversammlung vor und führt die von ihr gefassten Beschlüsse aus.

§ 19

(1) Das vorsitzende Mitglied oder das stellvertretende vorsitzende Mitglied vertritt die Kammer gerichtlich und außergerichtlich. Im Einzelfall kann das vorsitzende Mitglied auch andere Vorstandsmitglieder mit seiner Vertretung beauftragen.
(2) Erklärungen, welche die Kammer vermögensrechtlich verpflichten, bedürfen - abgesehen vom laufenden Geschäftsverkehr der Kammer - der Schriftform und müssen von dem vorsitzenden Mitglied oder dem stellvertretenden vorsitzenden Mitglied und außerdem von einem weiteren Mitglied des Vorstandes vollzogen werden.

Dritter Abschnitt

Die Staatsaufsicht

§ 20

(1) Die Kammern unterstehen der Staatsaufsicht.

(2) Aufsichtsbehörde ist das für das Gesundheitswesen zuständige Ministerium. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Innehaltung der Gesetze und der Satzung. Es kann Beschlüsse, die ihnen widersprechen, aufheben.

(3) Die Vorschriften über die Gemeindeaufsicht gelten entsprechend.

§ 21

(1) Die Aufsichtsbehörde kann jederzeit von den Kammern Aufschluss über ihre Angelegenheiten verlangen.

(2) Zu Tagungen der Delegiertenversammlung ist die Aufsichtsbehörde rechtzeitig einzuladen; die für die Aufsichtsbehörde erschienenen Personen sind jederzeit mit ihren Ausführungen zu hören.

(3) Eine Delegiertenversammlung ist einzuberufen, wenn die Aufsichtsbehörde darum ersucht.

Vierter Abschnitt

Die Berufsausübung

§ 22

Die Kammerangehörigen sind verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen.

§ 23

Die Kammerangehörigen, die ihren Beruf ausüben, haben insbesondere die Pflicht,

1. sich beruflich fortzubilden und sich dabei über die für ihre Berufsausübung geltenden Bestimmungen zu unterrichten,

2. soweit sie als Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 in eigener Praxis tätig sind, am Notfalldienst teilzunehmen,

3. soweit sie als Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 in eigener Pra-xis tätig sind, über die in Ausübung ihres Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen Aufzeichnungen zu fertigen.

§ 24

Das Nähere zu § 23 regelt die Berufsordnung. Sie hat insbesondere zu § 23 Nr. 2 vorzusehen, dass die Teilnahmeverpflichtung nur für einen bestimmten regionalen Bereich gilt und von ihr aus wichtigem Grund, insbesondere wegen körperlicher Behinderung oder außergewöhnlicher familiärer Belastung sowie wegen Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung, auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend befreit werden kann.

§ 25

Die Berufsordnung kann im Rahmen des § 22 weitere Vorschriften über Berufspflichten enthalten, insbesondere, soweit es für den einzelnen Heilberuf in Betracht kommt, hinsichtlich
1. der Einhaltung der Schweigepflicht und der sonst für die Berufsausübung geltenden Rechtsvorschriften,
2. der Ausstellung von Gutachten und Zeugnissen,
3. der Praxis- und Apothekenankündigung,
4. der Praxis- und Apothekeneinrichtung,
5. der Durchführung von Sprechstunden und der Offenhaltung von Apotheken,
6. der gemeinsamen Ausübung der Berufstätigkeit,
7. der Angemessenheit und Nachprüfbarkeit des Honorars,
8. der Werbung,
9. der Verordnung und Empfehlung von Heil- oder Hilfsmitteln,
10. des beruflichen Verhaltens gegenüber anderen Berufsangehörigen und der Zusammenarbeit zwischen Berufsangehörigen und Angehörigen anderer Berufe,
11. der Beschäftigung von Vertreterinnen oder Vertretern, Assistentinnen oder Assistenten und sonstigen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern,
12. der Ausbildung von Personal,
13. der Anzeige von Verträgen, in denen die einen Monat übersteigende Betreuung geschlossener Tierbestände vereinbart wird,
14. der Verpflichtung, sich beruflich fortzubilden, der Zertifizierung von Fortbildungsangeboten und der Bestätigung abgeleisteter Fortbildungsmaßnahmen,
15. der Mitwirkung an Maßnahmen der Kammern oder eines von ihnen beauftragten Dritten, die der Sicherung der Qualität von Leistungen der Berufsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 dienen, sowie der Zertifizierung,
16. der Verpflichtung zur Einschaltung einer Ethikkommission.

Fünfter Abschnitt

Die Weiterbildung

Erster Titel
Gemeinsame Vorschriften

§ 26

Kammerangehörige dürfen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften neben ihrer Berufsbezeichnung weitere Bezeichnungen führen, die auf besondere Kenntnisse in einem bestimmten beruflichen Gebiet (Gebietsbezeichnung), Teilgebiet oder Schwerpunkt (Teilgebietsbe-zeichnung oder Schwerpunktbezeichnung) oder auf zusätzlich erworbene Kenntnisse in einem anderen Bereich (Zusatzbezeichnung) hinweisen.

§ 27

(1) Die Bezeichnungen nach § 26 bestimmen die Kammern für ihre Kammerangehörigen, wenn dies die wissenschaftliche Entwicklung oder eine angemessene Versorgung der Bevöl-kerung oder des Tierbestandes durch Angehörige der betreffenden Heilberufe erfordern. Dabei ist das Recht der Europäischen Gemeinschaften zu beachten.

(2) Die Bestimmung von Bezeichnungen ist aufzuheben, wenn die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind und Recht der Europäischen Gemeinschaften der Aufhebung nicht entgegensteht.

§ 28

(1) Eine Bezeichnung nach § 26 darf führen, wer eine Anerkennung erhalten hat. Die Anerkennung erhalten Kammerangehörige, die die vorgeschriebene Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen haben.

(2) Mehrere Gebietsbezeichnungen dürfen auf verwandten Gebieten gleichzeitig geführt werden. Teilgebietsbezeichnungen dürfen nur zusammen mit der Bezeichnung des Gebiets geführt werden, dem die Teilgebiete zugehören.

§ 29

(1) Die Weiterbildung in Gebieten, Teilgebieten und Bereichen erfolgt in praktischer Berufstätigkeit und theoretischer Unterweisung. Sie ist angemessen zu vergüten. Die Anerkennung unbezahlter oder nicht angemessen bezahlter Weiterbildungsabschnitte kann von den Kammern versagt werden.

(2) Die Weiterbildung in einem Gebiet darf drei Jahre nicht unterschreiten.

(3) Die Weiterbildung in einem Teilgebiet kann teilweise auch als Weiterbildung in dem Gebiet durchgeführt werden, dem es zugehört.

(4) Die Weiterbildung in Gebieten, Teilgebieten und Bereichen wird grundsätzlich ganztägig oder in persönlich begründeten Fällen in Teilzeit und in hauptberuflicher Stellung durchgeführt. Während der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit sollen die Weiterbildungsstätte und die oder der Weiterbildende wenigstens einmal gewechselt werden. Zeiten bei einer Weiterbildungsstätte und einem Weiterbildenden unter sechs Monaten werden nur angerechnet, wenn sie vorgeschrieben sind. Die zuständige Kammer kann von Satz 3 abweichende Bestimmungen für die Weiterbildung in einzelnen Gebieten und Teilgebieten treffen, sowie im einzelnen Ausnahmen zulassen, wenn es mit den Zielen der Weiterbildung vereinbar ist.

(5) Eine Weiterbildung in Teilzeit muss mindestens die Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit betragen. Gesamtdauer und Qualität müssen den Anforderungen an eine ganztägige Weiterbildung entsprechen. Die Entscheidung trifft die zuständige Kammer.

(6) Eine Zeit beruflicher Tätigkeit, in der auch eine eigene Praxis ausgeübt wird, ist auf die Weiterbildung in Gebieten, Teilgebieten und Bereichen nicht anrechnungsfähig. Die zuständige Kammer kann abweichende Bestimmungen in der Weiterbildungsordnung treffen.

(7) Die Weiterbildung umfasst die für den Erwerb der jeweiligen Bezeichnung nach § 26 erforderliche Vertiefung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten.

(8) Das Nähere, insbesondere die Dauer und den Inhalt der Weiterbildung im Einzelnen, regeln die Kammern in Weiterbildungsordnungen.

§ 30

(1) Die Weiterbildung in Gebieten, Teilgebieten und Bereichen wird unter verantwortlicher Leitung ermächtigter Kammerangehöriger in Einrichtungen der Hochschulen, in zugelasse-nen Krankenhausabteilungen, in zugelassenen Instituten oder anderen Einrichtungen (Weiterbildungsstätten) durchgeführt. Gleiches gilt für die fakultative Weiterbildung und die Weiterbildung zum Erwerb einer Fachkunde.

(2) Die Ermächtigung zur Weiterbildung nach Abs. 1 kann nur fachlich und persönlich geeig-neten Kammerangehörigen erteilt werden. Sie kann Kammerangehörigen nur für das jeweilige Gebiet, Teilgebiet oder für den jeweiligen Bereich erteilt werden, deren Bezeichnung sie führen; sie kann mehreren Kammerangehörigen gemeinsam erteilt werden. Für den Umfang der Ermächtigung zur Weiterbildung ist maßgebend, inwieweit die an Inhalt, Ablauf und Zielsetzung der Weiterbildung gestellten Anforderungen durch die ermächtigten Berufsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 unter Berücksichtigung des Versorgungsauftrages sowie der personellen und materiellen Ausstattung der Weiterbildungsstätte erfüllt werden können. Die Kammern können die Ermächtigung mit Auflagen versehen.

(3) Ermächtigte Kammerangehörige sind verpflichtet, die Weiterbildung entsprechend den Bestimmungen dieses Gesetzes sowie der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Weiterbil-dungsordnung durchzuführen. Über die Weiterbildung haben sie in jedem Einzelfall ein Zeugnis auszustellen.

(4) Ermächtigung und Zulassung sind zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. Mit der Beendigung der Tätigkeit ermächtigter Kammerangehöriger an der Weiterbildungsstätte erlischt ihre Ermächtigung zur Weiterbildung.

(5) Das Zeugnis über die Weiterbildung darf keine personenbezogenen Patientendaten ent-halten. Die zuständige Kammer ist berechtigt, zur Prüfung der fachlichen und persönlichen Eignung von Kammerangehörigen eine Einsichtnahme in die beim ermächtigten Berufsange-hörigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 befindlichen Akten zu nehmen.

§ 31

(1) Über die Ermächtigung von Kammerangehörigen und den Widerruf der Ermächtigung entscheidet die zuständige Kammer. Die Ermächtigung bedarf eines Antrages.

(2) Die zuständige Kammer führt ein Verzeichnis der ermächtigten Kammerangehörigen, aus dem hervorgeht, in welchem Umfang sie zur Weiterbildung ermächtigt sind. Das Verzeichnis ist bekanntzumachen.

(3) Über die Zulassung der Weiterbildungsstätte und den Widerruf der Zulassung entscheidet die jeweils zuständige Kammer. Die Zulassung bedarf eines Antrages. Die zugelassenen Weiterbildungsstätten sind bekanntzumachen.

§ 32

(1) Die Anerkennung nach § 28 Abs. 1 ist bei der zuständigen Kammer zu beantragen. Diese entscheidet über den Antrag auf Grund einer Prüfung, in der Inhalt, Umfang und Ergebnis der durchlaufenen Weiterbildungsabschnitte nachzuweisen und die erworbenen Kenntnisse mündlich darzulegen sind. Bei der Anerkennung zum Führen einer Zusatzbezeichnung kann auf die Prüfung verzichtet werden; insoweit wird auf Grund der vorgelegten Zeugnisse und Nachweise entschieden.

(2) Die Prüfung wird von einem bei der Kammer zu bildenden Ausschuss durchgeführt. Dem Ausschuss gehören mindestens drei von der Kammer zu bestimmende Mitglieder an. Eine Vertretung der Aufsichtsbehörde kann bei der Prüfung anwesend sein.

(3) Die Prüfung dient der Feststellung, ob die antragstellende Person in ihrer nach abge-schlossener Berufsausbildung durchgeführten Weiterbildung in dem von ihr gewählten Gebiet, Teilgebiet oder Bereich (§ 26) die als Voraussetzung für die Anerkennung vorgeschriebenen besonderen oder zusätzlichen Kenntnisse erworben hat.

(4) Die Zulassung zur Prüfung setzt voraus, dass die ordnungsgemäße Weiterbildung durch Zeugnisse nachgewiesen wird. Zur Feststellung des Prüfungsergebnisses hat der Ausschuss sowohl die vorgelegten Zeugnisse über Inhalt, Umfang und Ergebnis der einzelnen durchlaufenen Weiterbildungsabschnitte als auch die von der antragstellenden Person mündlich dargelegten Kenntnisse zu beurteilen.

(5) Das Nähere über die Prüfung bestimmen die Kammern in der Weiterbildungsordnung.

(6) Wird die Prüfung nicht erfolgreich abgeschlossen, so kann der Ausschuss die vorgeschriebene Weiterbildungszeit verlängern und besondere Anforderungen an die Weiterbildung stellen. Die Prüfung kann mehrmals wiederholt werden. Der Ausschuss kann anstelle einer Verlängerung der Weiterbildungszeit den Prüfling verpflichten, den Nachweis über einzelne noch zu erwerbende Kenntnisse und Erfahrungen oder Fertigkeiten zu führen.

(7) Wer in einem von § 29 und § 30 abweichenden Weiterbildungsgang eine Weiterbildung abgeschlossen hat, erhält auf Antrag nach Ablegung einer Prüfung gemäß Abs. 1 bis 6 die Anerkennung, wenn die Weiterbildung gleichwertig ist. Eine nicht abgeschlossene Weiterbildung kann unter vollständiger oder teilweiser Anrechnung der bisher abgeleisteten Weiterbildungszeiten nach den Vorschriften dieses Gesetzes abgeschlossen werden. Über die Anrechnung entscheidet die zuständige Kammer.

(8) Wer als Staatsangehörige oder Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ein fachbezogenes Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen fachlichen Weiterbildungsnachweis besitzt, die nach dem Recht der Europäischen Ge-meinschaften gegenseitig anerkannt werden, erhält auf Antrag die entsprechende Anerkennung nach § 28 Abs. 1 Satz 1. Sie oder er hat diejenige Bezeichnung nach § 26 zu führen, die auf Grund einer entsprechenden Weiterbildung in Hessen erworben wird; dies gilt auch für Dienstleistungserbringer nach § 3, ohne dass es einer Anerkennung bedarf. Näheres bestimmt die zuständige Kammer in der Weiterbildungsordnung.

§ 32 a

Eine vor dem 3. Oktober 1990 abgeschlossene oder teilweise abgeleistete Weiterbildung in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet gilt als gleichwertig, wenn sie einer vergleichbaren Weiterbildungsordnung der Kammer entspricht. Zeiten einer Weiterbildung, die nach dem Recht der Kammer nicht vorgesehen sind, können auf verwandte Weiterbildungsgänge angerechnet werden. Die Kammer erteilt eine entsprechende Bescheinigung. § 27 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 33

Die Anerkennung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 und § 32 Abs. 7 und 8 kann zurückgenommen werden, wenn die für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren.

§ 34

(1) Wer eine Gebietsbezeichnung führt, darf grundsätzlich nur in dem Gebiet, wer eine Teilgebietsbezeichnung führt, darf im wesentlichen nur in den Teilgebieten tätig werden, deren Bezeichnung er führt.

(2) Kammerangehörige, die eine Gebietsbezeichnung führen, sollen sich in der Regel nur durch Berufsangehörige vertreten lassen, die dieselbe Gebietsbezeichnung führen.

(3) Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3, die in eigener Praxis tätig sind und eine Bezeichnung nach § 26 führen, haben gemäß § 23 grundsätzlich am allgemeinen Notfalldienst teilzunehmen. Sie haben sich in dem Gebiet, Teilgebiet oder Bereich, auf das sich die Bezeichnung bezieht und, wenn die Voraussetzungen für die Teilnahme vorliegen, auch für eine Tätigkeit im Rahmen des allgemeinen Notdienstes fortzubilden.

§ 35

(1) Die Weiterbildungsordnung wird von der jeweiligen Kammer erlassen; sie bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

(2) In der Weiterbildungsordnung sind unter Berücksichtigung des Rechts der Europäischen Gemeinschaften insbesondere zu regeln:
1. der Inhalt und Umfang der Gebiete, Teilgebiete und Bereiche, auf die sich die Bezeichnungen nach § 26 beziehen,
2. die Bestimmung und die Aufhebung von Bezeichnungen nach § 27,
3. die Grundsätze für die Anerkennung von Bezeichnungen nach § 28 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 8 auf Antrag von Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europä-ischen Wirtschaftsraum,
4. die Festlegung der verwandten Gebiete, deren Bezeichnungen nach § 28 Abs. 2 nebeneinander geführt werden dürfen,
5. der Inhalt und die Mindestdauer der Weiterbildung nach § 29, insbesondere, soweit dies für eine sachgemäße Durchführung erforderlich ist, Inhalt, Dauer und Reihenfolge der einzel-nen Weiterbildungsabschnitte sowie Dauer und besondere Anforderungen der verlängerten Weiterbildung nach § 32 Abs. 6,
6. die Voraussetzungen für die Ermächtigung von Kammerangehörigen zur Weiterbildung und für den Widerruf der Ermächtigung nach § 30 Abs. 2 und 4,
7. die Anforderungen, die an das Zeugnis nach § 30 Abs. 3 Satz 2 zu stellen sind,
8. das Verfahren zur Erteilung der Anerkennung nach § 32 Abs. 1 und das Nähere über die Prüfung nach § 32 Abs. 5,
9. das Verfahren zur Rücknahme der Anerkennung nach § 33.

(3) Unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 können in der Weiterbildungsordnung Befähigungen zum Erwerb
1. zusätzlicher Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten (zusätzliche Weiterbildung im Gebiet) oder
2. von Fachkunde in bestimmten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vorgesehen werden.
Die Anforderungen an den Erwerb dieser Befähigungen können sich, soweit erforderlich, nach den Anforderungen richten, die in diesem Abschnitt an die Weiterbildung in Gebieten, Teilgebieten und Bereichen gestellt werden. Den Erwerb dieser Befähigungen bestätigt die Kammer durch eine Bescheinigung. Diese berechtigt nicht zur Ankündigung dieser Befähigungen.

§ 36

Die bisher von den Kammern ausgesprochenen Anerkennungen gelten als Anerkennung nach diesem Gesetz mit der Maßgabe, dass die in diesem Gesetz und in der jeweiligen Weiterbildungsordnung bestimmten Bezeichnungen zu führen sind. Kammerangehörige, die sich bei Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Weiterbildung befinden, können diese nach den bis-her geltenden Bestimmungen abschliessen; sie erhalten eine Anerkennung nach diesem Gesetz.

Zweiter Titel
Die Weiterbildung der Ärztinnen und Ärzte

§ 37

(1) Gebiets- und Teilgebietsbezeichnungen bestimmt die Landesärztekammer in den Fachrichtungen
1. Konservative Medizin,
2. Operative Medizin,
3. Nervenheilkundliche Medizin,
4. Theoretische Medizin,
5. Ökologie,
6. Methodisch-technische Medizin
und in Verbindung dieser Fachrichtungen.

(2) Gebietsbezeichnungen sind unbeschadet des Abs. 1 auch die Bezeichnungen "Allgemeinmedizin" und "Öffentliches Gesundheitswesen".

(3) Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, die die Anerkennung zum Führen von Gebietsbezeichnungen für mehrere Gebiete erhalten haben, dürfen grundsätzlich nur eine Gebietsbezeichnung führen. Auf Antrag kann die Landesärztekammer das Führen einer weiteren Gebietsbezeichnung gestatten. Die Bezeichnung „Praktische Ärztin“ oder „Praktischer Arzt“ und die Bezeichnungen „Ärztin für Allgemeinmedizin“ oder „Arzt für Allgemeinmedizin“, „Allgemeinärztin“ oder „Allgemeinarzt“ dürfen außer mit der Bezeichnung „Ärztin für Arbeitsmedizin“ oder „Arzt für Arbeitsmedizin“ nicht zusammen mit einer anderen Gebietsbe-zeichnung geführt werden.

(4) Teilgebietsbezeichnungen dürfen nur zusammen mit der Bezeichnung des Gebietes geführt werden, dem die Teilgebiete zugehören. Für ein Gebiet dürfen grundsätzlich nicht mehr als zwei Teilgebietsbezeichnungen nebeneinander geführt werden. Führt ein Berufsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zwei Gebietsbezeichnungen, darf er daneben für jedes dieser Gebiete nur eine Teilgebietsbezeichnung führen.

§ 38

(1) Die Weiterbildung nach § 29 Abs. 7 umfasst für Ärztinnen und Ärzte insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten in der Verhütung, Erkennung und Behandlung von Krankheiten, Körperschäden und Leiden einschließlich der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt sowie in den notwendigen Maßnahmen der Rehabilitation. Innerhalb der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit für ein Gebiet soll grundsätzlich mindestens ein Jahr unter Leitung von Berufsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 abgeleistet werden, die in vollem Umfang zur Weiterbildung ermächtigt sind.

(2) Unbeschadet der §§ 29 bis 32 gelten für die Weiterbildung in dem Gebiet "Öffentliches Gesundheitswesen" die dafür maßgeblichen Bestimmungen. Die für das Gesundheitswesen zuständige Ministerin oder der für das Gesundheitswesen zuständige Minister wird ermäch-tigt, das Nähere, insbesondere Inhalt und Dauer der praktischen Berufstätigkeit und der theoretischen Unterweisung, die Ermächtigung von Ärztinnen und Ärzten und die Zulassung von Weiterbildungsstätten sowie das Prüfungs- und Anerkennungsverfahren durch Rechtsverordnung zu regeln.

(3) Die Weiterbildung kann, soweit das Recht der Europäischen Gemeinschaften nicht ent-gegensteht und die Weiterbildungsziele nicht gefährdet sind, bei einem ermächtigten niedergelassenen Berufsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durchgeführt werden. Die Weiterbildung im Gebiet "Öffentliches Gesundheitswesen" wird in dafür besonders zugelassenen Einrichtungen durchgeführt.

(4) Die Zulassung einer Krankenhausabteilung als Weiterbildungsstätte nach § 30 Abs. 1 setzt voraus, dass 1. Zahl der Patienten und Art der vorkommenden Erkrankungen der weiterzubildenden Ärztin oder dem weiterzubildenden Arzt die Möglichkeit geben, sich mit den typischen Krankheiten des Gebiets oder Teilgebiets, auf das sich die Bezeichnung nach § 26 bezieht, vertraut zu machen,
2. Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der medizinischen Entwicklung Rechnung tragen, und
3. regelmäßige Konsiliartätigkeit ausgeübt wird.
Dies gilt sinngemäß für alle Weiterbildungsstätten. Soweit es zur Prüfung der Zulassung ei-ner Praxis als Weiterbildungsstätte nach § 30 Abs. 1 erforderlich ist, ist die Landesärztekammer berechtigt, zur Prüfung einer Praxis als Weiterbildungsstätte Einsichtnahme in die in der Weiterbildungsstätte befindlichen Patientenakten zu nehmen.

(5) Die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin nach der Richtlinie des Rates vom 15. September 1986 über eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) - ABl. Nr. L 267 vom 19. September 1986, S. 26 - ist Weiterbildung im Sinne des Gesetzes.

§ 39

Die im übrigen Geltungsbereich der Bundesärzteordnung in der Fassung vom 16. April 1987 (BGBl. I. S. 1219), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. September 1998 (BGBI. I S. 1666), erteilte Anerkennung, eine Bezeichnung im Sinne des § 26 zu führen, gilt auch in Hessen. Dasselbe gilt für die Ermächtigung und die Zulassung zur Weiterbildung. Soweit die Weiterbildungsordnung entsprechende Gebiets- oder Teilgebietsbezeichnungen vorsieht, dürfen sie geführt werden.

Dritter Titel
Die Weiterbildung der Zahnärztinnen und Zahnärzte

§ 40

(1) Für Zahnärztinnen und Zahnärzte ist § 26 sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, dass sie neben ihrer Berufsbezeichnung weitere Bezeichnungen führen dürfen, die auf besondere Kenntnisse in einem bestimmten Gebiet der Zahnheilkunde (Gebietsbezeichnung)
hinweisen.

(2) Gebietsbezeichnungen bestimmt die Landeszahnärztekammer in den Fachrichtungen
1. Konservative Zahnheilkunde,
2. Operative Zahnheilkunde,
3. Präventive Zahnheilkunde
und in Verbindung dieser Fachrichtungen.

(3) Gebietsbezeichnung ist unbeschadet des Abs. 2 auch die Bezeichnung "Öffentliches Gesundheitswesen".

(4) Die Landeszahnärztekammer wird ermächtigt, abweichend von § 34 Abs. 1 in der Weiterbildungsordnung festzulegen, dass in Ausnahmefällen Befreiung von der Beschränkung auf das Gebiet erteilt werden kann, wenn anderenfalls eine ausreichende Existenzgrundlage für die Zahnärztin oder den Zahnarzt entfiele oder die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung nicht gesichert wäre. Die Befreiung ist widerruflich und in der Regel befristet zu erteilen. Sie kann verlängert und wiederholt erteilt werden.

§ 41

(1) Die Weiterbildung nach § 29 Abs. 7 umfasst für Zahnärztinnen oder Zahnärzte in den jeweiligen Gebieten insbesondere die Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt sowie die notwendigen Maßnahmen der Rehabilitation.

(2) Unbeschadet der §§ 29 bis 32 gelten für die Weiterbildung in dem Gebiet "Öffentliches Gesundheitswesen" die dafür maßgeblichen Bestimmungen. Die für das Gesundheitswesen zuständige Ministerin oder der für das Gesundheitswesen zuständige Minister wird ermächtigt, das Nähere, insbesondere Inhalt und Dauer der praktischen Berufstätigkeit und der theoretischen Unterweisung, die Ermächtigung von Zahnärztinnen oder Zahnärzten und die Zulassung von Weiterbildungsstätten sowie das Prüfungs- und Anerkennungsverfahren durch Rechtsverordnung zu regeln.

(3) Abweichend von § 30 Abs. 1 kann die Weiterbildung auch in zugelassenen Kliniken oder bei einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt, die ermächtigt sind und eine Niederlassung haben, durchgeführt werden. Die Weiterbildung im Gebiet "Öffentliches Gesundheitswesen" wird in dafür besonders zugelassenen Einrichtungen durchgeführt.

(4) Die Zulassung einer Krankenhausabteilung oder Klinik als Weiterbildungsstätte setzt voraus, dass
1. Zahl der Patienten und Art der vorkommenden Erkrankungen der weiterzubildenden Zahnärztin oder dem weiterzubildenden Zahnarzt die Möglichkeit geben, sich mit der Feststellung und Behandlung der für das Gebiet typischen Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten vertraut zu machen,
2. Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der Entwicklung der Zahnheilkunde Rechnung tragen.
Dies gilt sinngemäß für alle Weiterbildungsstätten.
§ 30 Abs. 5 und § 38 Abs. 4 Satz 3 und 4 gelten entsprechend.

§ 42

Die im übrigen Geltungsbereich des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde in der Fassung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1226), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. September 1998 (BGBl. I S. 1666), erteilte Anerkennung, eine Bezeichnung im Sinne des § 26 zu führen, gilt auch in Hessen. Dasselbe gilt für die Ermächtigung und die Zulassung zur Weiterbildung. Soweit die Weiterbildungsordnung entsprechende Gebiets- oder Teilgebietsbezeichnungen vorsieht, dürfen sie geführt werden.

Vierter Titel
Die Weiterbildung der Tierärztinnen und Tierärzte

§ 43

(1) Gebiets- und Teilgebietsbezeichnungen bestimmt die Landestierärztekammer in den Fachrichtungen
1. Theoretische Veterinärmedizin,
2. Tierhaltung und Tiervermehrung,
3. Lebensmittel tierischer Herkunft,
4. Klinische Veterinärmedizin,
5. Methodisch-technische Veterinärmedizin,
6. Ökologie
und in Verbindung dieser Fachrichtungen.

(2) Gebietsbezeichnungen sind unbeschadet des Abs. 1 auch die Bezeichnungen "Allgemeine Veterinärmedizin" und "Öffentliches Veterinärwesen". (3) Abweichend von § 28 Abs. 2 darf die Bezeichnung "Allgemeine Veterinärmedizin" nicht neben der Bezeichnung „Praktische Tierärztin“ oder „Praktischer Tierarzt" geführt werden. Die Bezeichnung „Praktische Tierärztin“ oder „Praktischer Tierarzt" darf zusammen mit nicht mehr als zwei Gebietsbezeichnungen geführt werden. § 34 Abs. 1 findet auf Tierärztinnen oder Tierärzte keine An-wendung.

(4) Abweichend von § 29 Abs. 2 und Abs. 6 können niedergelassene Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 die Voraussetzungen der Weiterbildung in Gebieten und Teilgebieten erfüllen, wenn sie neben einer fünfjährigen Tätigkeit als niedergelassene Tier-ärztin oder als niedergelassener Tierarzt eine mindestens insgesamt einjährige Weiterbildung an einer zugelassenen Weiterbildungsstätte nachweisen. Die weiteren Voraussetzungen für die Weiterbildung niedergelassener Berufsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 regelt die Weiterbildungsordnung.

§ 44

(1) Die Weiterbildung nach § 29 Abs. 7 umfasst für Tierärztinnen und Tierärzte insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten in Verhütung, Erkennung und Behandlung von Krankheiten und Leiden der Tiere und im Schutz des Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft einschließlich der veterinärmedizinischen Belange der Umwelthygiene und des Tierschutzes.

(2) Abweichend von §§ 29 bis 32 umfasst die Weiterbildung in dem Gebiet "Öffentliches Veterinärwesen"
1. den Erwerb der Befähigung für die Laufbahn des tierärztlichen Dienstes in der Veterinärverwaltung und
2. eine nach dem Erwerb der Befähigung für die Laufbahn des tierärztlichen Dienstes in der Veterinärverwaltung abzuleistende zweijährige praktische Tätigkeit im Veterinärverwaltungsdienst mit Ausnahme einer ausschließlichen Tätigkeit in der Schlachttier- und Fleischuntersuchung.

(3) Abweichend von § 30 Abs. 1 kann die Weiterbildung auch in zugelassenen tierärztlichen Kliniken oder teilweise bei einer Tierärztin oder einem Tierarzt, die ermächtigt sind und eine Niederlassung haben, durchgeführt werden. Die Weiterbildung im Gebiet "Öffentliches Veterinärwesen" wird in dafür besonders zugelassenen Einrichtungen durchgeführt.

(4) Die Zulassung einer tierärztlichen Klinik als Weiterbildungsstätte setzt voraus, dass
1. Zahl der Tiere und Art der vorkommenden Erkrankungen der weiterzubildenden Tierärztin
oder dem weiterzubildenden Tierarzt die Möglichkeit geben, sich mit den typischen Krankheiten des Gebiets oder Teilgebiets, auf das sich die Bezeichnung nach § 26 bezieht, vertraut zu machen,
2. Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der veterinärmedizinischen Entwicklung Rechnung tragen.
Satz 1 gilt sinngemäß auch für die anderen Weiterbildungsstätten.

§ 45

Die im übrigen Geltungsbereich der Tierärzteordnung in der Fassung vom 20. November 1981 (BGBl. I S. 1194), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. September 1998 (BGBl. I S. 1666), erteilte Anerkennung, eine Bezeichnung im Sinne des § 26 zu führen, gilt auch in Hessen. Dasselbe gilt für die Ermächtigung und die Zulassung zur Weiterbildung. Soweit die Weiterbildungsordnung entsprechende Gebiets- oder Teilgebietsbezeichnungen vorsieht, dürfen sie geführt werden.

Fünfter Titel
Die Weiterbildung der Apothekerinnen und Apotheker

§ 46

(1) Gebiets- und Teilgebietsbezeichnungen bestimmt die Landesapothekerkammer in den Fachrichtungen
1. Arzneimittelabgabe, -versorgung und -information,
2. Arzneimittelentwicklung, -herstellung und -kontrolle,
3. Theoretische Pharmazie,
4. Ökologie
und in Verbindung dieser Fachrichtungen.

(2) Gebietsbezeichnung ist unbeschadet des Abs. 1 auch die Bezeichnung "Öffentliches Gesundheitswesen".

(3) Die Landesapothekerkammer wird ermächtigt, abweichend von § 34 Abs. 1 in der Weiter-bildungsordnung festzulegen, dass in Ausnahmefällen Befreiung von der Beschränkung auf das Gebiet erteilt werden kann, wenn andernfalls eine ausreichende Existenzgrundlage für die Apothekerin oder den Apotheker entfiele oder die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung nicht gesichert wäre. Die Befreiung ist widerruflich und in der Regel befristet zu erteilen. Sie kann verlängert und wiederholt erteilt werden.

§ 47

(1) Die Weiterbildung nach § 29 Abs. 7 umfasst für Apothekerinnen und Apotheker insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten in der Herstellung, Prüfung, Abgabe und Wirkungsweise der Arzneimittel einschließlich der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt.

(2) Unbeschadet der §§ 29 bis 32 gelten für die Weiterbildung in dem Gebiet "Öffentliches Gesundheitswesen" die dafür maßgeblichen Bestimmungen. Die Aufsichtsbehörde wird ermächtigt, das Nähere, insbesondere Inhalt und Dauer der praktischen Berufstätigkeit und der theoretischen Unterweisung, die Ermächtigung von Apothekerinnen und Apothekern und die Zulassung von Weiterbildungsstätten sowie das Prüfungs- und Anerkennungsverfahren, durch Rechtsverordnung zu regeln.

(3) Unbeschadet des § 30 Abs. 1 kann die Weiterbildung auch in zugelassenen Apotheken, Krankenhausapotheken und Betrieben der pharmazeutischen Industrie durchgeführt werden. Die Zulassung einer Apotheke, einer Krankenhausapotheke oder eines Betriebes der pharmazeutischen Industrie als Weiterbildungsstätte setzt voraus, dass 1. die dort zu verrichten-den Tätigkeiten nach Inhalt und Umfang der weiterzubildenden Apothekerin oder dem weiterzubildenden Apotheker die Möglichkeit geben, die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Gebietes oder Teilgebietes zu erwerben, auf das sich die Bezeichnung nach § 26 be-zieht,
2. Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der Entwicklung in der Pharmazie Rechnung tragen. Satz 2 gilt entsprechend auch für die anderen Weiterbildungsstätten.
(4) Abweichend von § 29 Abs. 2 und 6 können niedergelassene Berufsangehörige im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 die Voraussetzungen der Weiterbildung in Gebieten und Teilgebieten oder Schwerpunkten erfüllen, wenn sie eine sechsjährige Tätigkeit als niedergelassene Apothekerin oder als niedergelassener Apotheker nachweisen. Die weiteren Voraussetzungen für die Weiterbildung niedergelassener Berufsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 regelt die Weiterbildungsordnung der zuständigen Kammer.

§ 48

Die außerhalb Hessens im Geltungsbereich der Bundes-Apothekerordnung in der Fassung vom 19. Juli 1989 (BGBl. I S. 1479,1842), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. April 1993 (BGBl l S. 512), erworbene Berechtigung, eine Bezeichnung nach § 26 zu führen, gilt auch in Hessen. Dasselbe gilt für die Ermächtigung und die Zulassung zur Weiterbildung. Soweit die Weiterbildungsordnung entsprechende Gebiets- oder Teilgebietsbezeichnungen vorsieht, dürfen sie geführt werden.

Sechster Titel
Psychotherapeutische Weiterbildung

§ 48 a

Die Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten und für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bestimmt Gebiets-, Teilgebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen und Zusatzbezeichnungen insbesondere in folgenden Fachrichtungen:
1. Psychologische Psychotherapie,
2. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie,
3. Öffentliches Gesundheitswesen,
4. Verbindungen dieser Fachrichtungen.

§ 48 b

Die Weiterbildung wird von Einrichtungen durchgeführt, deren Leitung einer Psychologischen Psychotherapeutin oder einem Psychologischen Psychotherapeuten oder einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin oder einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten obliegt. Das nähere über die Zulassung einer Einrichtung als Weiterbildungsstätte regelt die zuständige Kammer durch Satzung.

§ 48 c

Zur Erprobung neuer Weiterbildungsgänge kann die zuständige Kammer für einen Zeitraum von fünf Jahren nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes abweichende Bestimmungen von § 29 Abs. 2 bis 6 treffen; dabei darf die Weiterbildung in den Gebieten die Dauer von 2 Jahren nicht unterschreiten.

§ 48 d

Die außerhalb Hessens im Geltungsbereich des Psychotherapeutengesetzes erworbene Berechtigung, eine Bezeichnung nach § 26 zu führen, gilt auch in Hessen. Dasselbe gilt für die Ermächtigung und die Zulassung zur Weiterbildung. Soweit die Weiterbildungsordnung entsprechende Gebiets-, Teilgebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen vorsieht, dürfen sie geführt werden.

Sechster Abschnitt
Die Berufsgerichtsbarkeit

§ 49

(1) Verstöße von Kammerangehörigen gegen ihre Berufspflichten werden im berufsgerichtlichen Verfahren geahndet. Verfahren, die beim Berufsgericht anhängig sind, werden fortgeführt, auch wenn der Beschuldigte seinen Beruf außerhalb Hessens weiter ausübt oder seine Kammermitgliedschaft aufgibt.

(2) Ein berufsgerichtliches Verfahren entfällt gegen Kammerangehörige, die als Beamte einer Disziplinargerichtsbarkeit unterliegen.

(3) Sind seit einem Verstoß gegen Berufspflichten, der keine schwerere berufsgerichtliche Maßnahme als Warnung, Verweis, zeitweilige Entziehung des Wahlrechts oder Geldbuße gerechtfertigt hätte, mehr als fünf Jahre verstrichen, so ist ein berufsgerichtliches Verfahren nicht mehr zulässig. Die Frist ruht, solange das berufsgerichtliche Verfahren oder wegen desselben Sachverhalts ein Strafverfahren oder ein gerichtliches Bußgeldverfahren anhängig ist oder die Frist für die Erfüllung von Auflagen und Weisungen nach § 59 Abs. 6 oder § 66 Abs. 1 läuft. Verstößt die Verfehlung auch gegen ein Strafgesetz, so endet die Frist nicht vor der Verjährung der Straftat.

(4) Eintragungen in den bei der Berufsvertretung geführten Personalakten über eine Maßnahme nach § 50 Abs. 1 sind nach zehn Jahren zu tilgen. Die über diese berufsgerichtlichen Maßnahmen entstandenen Vorgänge sind aus den Personalakten zu entfernen und zu vernichten. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem die berufsgerichtliche Maßnahme unanfechtbar geworden ist. Die Frist endet nicht, solange gegen den betroffenen Berufsangehörigen ein Strafverfahren, ein berufsgerichtliches Verfahren oder ein Disziplinarverfahren anhängig ist. eine andere berufsgerichtliche Maßnahme noch nicht zu tilgen ist oder ein auf Geldbuße lautendes Urteil noch nicht vollstreckt ist.

§ 50

(1) Im berufsgerichtlichen Verfahren kann erkannt werden auf
1. Warnung,
2. Verweis,
3. zeitweilige Entziehung des Wahlrechts,
4. Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro (hunderttausend Deutsche Mark),
5. Feststellung, dass eine Berufsangehörige oder ein Berufsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 unwürdig ist, den Beruf auszuüben.

(2) Die Feststellung nach Abs. 1 Nr. 5 hat den gleichzeitigen Verlust des Wahlrechts zur Fol-ge.

(3) Auf Verweis, Wahlrechtsentziehung und Geldbuße kann nebeneinander erkannt werden.

(4) Auf einstimmigen Beschluss des Berufsgerichts kann in den Fällen des Abs. 1 Nr. 4 auf Veröffentlichung der rechtskräftigen Entscheidung in dem Mitteilungsblatt der Kammer erkannt werden. In den Fällen des Abs. 1 Nr. 5 ist die rechtskräftige Entscheidung öffentlich bekanntzumachen. Die Art der Bekanntmachung ist in der Entscheidung zu bestimmen.

§ 51

(1) Erste Instanz ist das bei jedem Verwaltungsgericht gebildete Berufsgericht für Heilberufe.
(2) Rechtsmittelinstanz ist das Landesberufsgericht für Heilberufe bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof.

§ 52

(1) Das Berufsgericht für Heilberufe verhandelt und entscheidet in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Richtern aus der Berufsgruppe des Beschuldigten. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken die ehren-amtlichen Richter vorbehaltlich des § 67 nicht mit.

(2) Das Landesberufsgericht für Heilberufe verhandelt und entscheidet in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern aus der Berufsgruppe des Beschuldigten. Bei Beschlüssen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(3) Die berufsrichterlichen Mitglieder müssen Richter der Gerichte sein, bei denen die Berufsgerichte errichtet sind.

§ 53

(1) Die Ministerin oder der Minister der Justiz ernennt im Benehmen mit der für das Gesundheitswesen und der für das Veterinärwesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister die Vorsitzenden der Berufsgerichte und ihre Stellvertreter sowie die weiteren berufsrichterlichen Mitglieder auf die Dauer von vier Jahren. Er kann sie nach Ablauf ihrer Amtszeit wieder bestellen. Bis zur Neubestellung bleiben die bisherigen berufsrichterlichen Mitglieder im Amt. Wird während der Amtszeit die Bestellung neuer Mitglieder erforderlich, so werden sie für den Rest der Amtszeit bestellt.

(2) Die Ministerin oder der Minister der Justiz ernennt im Benehmen mit der für das Gesundheitswesen und der für das Veterinärwesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister ferner die ehren-amtlichen Richter aus einer Vorschlagsliste der Landesärztekammer, der Landeszahnärztekammer, der Landesapothekerkammer oder der Landestierärztekammer auf die Dauer von vier Jahren. Sie dürfen nicht Mitglieder des Vorstandes, der Delegiertenversammlung, Angestellte der Kammer oder Medizinal-, Veterinärbeamte oder beamtete Apotheker sein. Sie müssen Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sein und das dreißigste Lebensjahr vollendet haben. Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entspre-chend.

(3) Das Amt des Mitglieds eines Berufsgerichts (Landesberufsgerichts) endet, wenn das Mitglied im Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe oder an Stelle einer Freiheitsstrafe zu einer Geldstrafe oder im berufsgerichtlichen Verfahren zu einer Geldbuße oder einer schwereren berufsgerichtlichen Maßnahme verurteilt worden ist.

(4) Ein Mitglied des Berufsgerichts oder des Landesberufsgerichts ist auf Antrag der Ministerin oder des Ministers der Justiz im Benehmen mit der für das Gesundheitswesen und der für das Veterinärwesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister seines Amtes zu entheben, wenn nachträglich ein Umstand eintritt, der seiner Ernennung entgegensteht. Über den Antrag entscheidet das Landesberufsgericht.
(5) Die Ministerin oder der Minister der Justiz kann die Befugnisse nach Abs. 1, 2 und 4 durch Rechtsverordnung auf eine nachgeordnete Behörde übertragen.

§ 54

(1) Ein Kammerangehöriger kann die Übernahme des Richteramtes nur ablehnen, wenn er
1. das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat,
2. durch Krankheit oder Gebrechen verhindert ist, das Amt ordnungsgemäß zu führen,
3. durch andere ehrenamtliche Tätigkeit so in Anspruch genommen ist, dass ihm die Über-nahme des Amtes nicht zugemutet werden kann, oder
4. in den vier vorhergehenden Jahren als Richter eines Berufsgerichts oder des Landesbe-rufsgerichts tätig gewesen ist.

(2) Über die Berechtigung zur Ablehnung entscheidet der Kammervorstand.

§ 55

Die Reihenfolge, in der die Richter zu den Sitzungen des Berufsgerichts und des Landesbe-rufsgerichts zugezogen werden, wird von den Vorsitzenden durch das Los im voraus für das Geschäftsjahr bestimmt.

§ 56

Örtlich zuständig ist das Berufsgericht, in dessen Bezirk der Beschuldigte seinen Beruf ausübt oder zur Zeit des Berufsvergehens ausgeübt hat.

§ 57

(1) Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines Berufsvergehens rechtfertigen, oder wird ein Antrag nach Abs. 3 gestellt, so stellt der Kammervorstand Ermittlungen an und teilt dies dem Beschuldigten mit. Mit der Durchführung von Ermittlungen kann der Kammervorstand eine Person mit der Befähigung zum Richteramt oder ein von ihm als geeignet befundenes Kammermitglied betrauen.

(2) Bei der Durchführung von Ermittlungen sind nicht nur die belastenden, sondern auch die entlastenden und die für die Bemessung der berufsgerichtlichen Maßnahme bedeutsamen Umstände zu ermitteln.

(3) Ein Kammerangehöriger kann Ermittlungen gegen sich selbst beantragen, um sich von dem Verdacht eines Verstoßes gegen Berufspflichten zu reinigen. In dem Antrag ist der Sachverhalt eingehend darzustellen, die Beweismittel sind anzugeben.

§ 58

(1) Der Kammervorstand oder die von ihm mit der Durchführung von Ermittlungen betraute Person (§ 57 Abs. 1) kann Zeugen und Sachverständige vernehmen. Der Kammervorstand kann das für den Wohnsitz des Zeugen oder Sachverständigen zuständiges Amtsgericht um eidliche Vernehmung ersuchen, wenn Gefahr im Verzuge ist oder wenn der Eid zur Herbeiführung einer wahren Aussage über einen für das weitere Verfahren erheblichen Punkt erforderlich erscheint; über die Notwendigkeit der Vereidigung entscheidet das ersuchte Amtsgericht endgültig.

(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts kann der Kammervorstand von allen Behörden Auskunft und Amtshilfe verlangen.

(3) Dem Beschuldigten ist das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen bekannt zu geben. Er ist abschließend über die ihm zur Last gelegten Verfehlungen zu hören; darüber ist eine Niederschrift aufzunehmen. Der Beschuldigte kann sich auch schriftlich äußern. Soweit es ohne Gefährdung der Ermittlungen geschehen kann, ist dem Beschuldigten zu gestatten, die in den Ermittlungen aufgenommenen Niederschriften, beigezogenen Akten und Schriftstücke einzusehen.

(4) Beweisanträgen des Beschuldigten ist stattzugeben, soweit sie für die Schuldfrage oder die Bemessung der Maßnahmen nach § 50 von Bedeutung sein können.

§ 59

(1) Soweit der Kammervorstand den Verdacht eines Verstoßes gegen Berufspflichten nicht für begründet hält, stellt er das Ermittlungsverfahren ein. Der Kammervorstand kann das Verfahren auch einstellen, wenn die Schuld gering ist und die Folgen der Tat unbedeutend sind und kein öffentliches Interesse an der Ahndung des Berufsvergehens besteht. Das gleiche gilt, wenn die zu erwartende Maßnahme, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Maßnahme, die gegen den Beschuldigten wegen eines anderen Verstoßes gegen Berufspflichten verhängt worden ist oder die er zu erwarten hat, nicht ins Gewicht fällt.

(2) Stellt der Kammervorstand das Ermittlungsverfahren ein, so teilt er dies dem Beschuldigten und der Aufsichtsbehörde mit. Der Kammervorstand unterrichtet die Aufsichtsbehörde auch von Entscheidungen nach Abs. 6.

(3) In den Fällen des Abs. 1 Satz 2 und 3 kann der Kammervorstand das Verhalten des Kammerangehörigen nach dessen Anhörung schriftlich rügen. Er darf eine Rüge nicht mehr erteilen, wenn seit dem Verstoß gegen Berufspflichten mehr als drei Jahre verstrichen sind. Der Bescheid über die Erteilung der Rüge ist zu begründen und dem Kammerangehörigen zuzustellen; er soll eine Rechtsbehelfsbelehrung erhalten. § 49 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Gegen den Bescheid kann der Kammerangehörige binnen eines Monats nach Zustellung Einspruch bei dem Kammervorstand erheben. Dieser entscheidet über den Einspruch. Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. Wird der Einspruch zurückgewiesen, kann der Kammerangehörige binnen eines Monats nach Zustellung die Entscheidung des Berufsgerichts beantragen. § 57 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Auf das Verfahren sind die Vorschriften der Strafprozessordnung über die Beschwerde sinngemäß anzuwenden. Die Gegenerklärung (§ 308 Abs. 1 der Strafprozessordnung) wird von dem Kammervorstand abgegeben. Eine mündliche Verhandlung findet statt, wenn sie der Kammerangehörige beantragt oder das Berufsgericht für erforderlich hält. Von Zeit und Ort der mündlichen Verhandlung sind der Kammervorstand, der Kammerangehörige und sein Verteidiger zu benachrichtigen. Art und Umfang der Be-weisaufnahme bestimmt das Berufsgericht; es hat sie von Amts wegen auf alle entschei-dungserheblichen Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken.

(5) Der Rügebescheid kann nicht deshalb aufgehoben werden, weil der Kammervorstand zu Unrecht angenommen hat, die Schuld des Kammerangehörigen sei gering und der Antrag auf Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich. Treten die Vorausset-zungen, unter denen nach § 63 Abs. 4 ein berufsgerichtliches Verfahren nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden darf, erst ein, nachdem der Kammer-vorstand die Rüge erteilt hat, so hebt das Berufsgericht den Rügebescheid auf. Der Beschluss ist mit Gründen zu versehen. Er kann nicht angefochten werden.

(6) Bei geringer Schuld kann der Kammervorstand mit Zustimmung des Berufsgerichts und des Beschuldigten auch vorläufig von der Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens absehen und zugleich dem Beschuldigten auferlegen,

1. zur Wiedergutmachung des durch das Berufsvergehen verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2. zugunsten einer als gemeinnützig anerkannten Einrichtung einen Geldbetrag zu zahlen oder
3. sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
wenn diese Auflagen und Weisungen geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Ahndung des Berufsvergehens zu beseitigen. Die Geldauflage nach Satz 1 Nr. 2 darf fünftausend Euro (zehntausend Deutsche Mark) nicht übersteigen. § 153 a Abs. 1 Satz 2 bis 5 der Strafprozessordnung gelten entsprechend.

§ 60

(1) Soweit der Kammervorstand nach dem Ergebnis der Ermittlungen den Verdacht eines Verstoßes gegen Berufspflichten für begründet hält, leitet er das berufsgerichtliche Verfahren durch Vorlage einer Anschuldigungsschrift unter Beifügung der Akten beim Berufsgericht ein.

(2) Der Anschuldigungsschrift soll die verletzte Rechtsnorm, die Tatsachen, in denen ein Verstoß gegen Berufspflichten erblickt wird, und die Beweismittel geordnet darstellen. Sie darf diese Tatsachen zuungunsten des Beschuldigten nur insoweit verwerten, als ihm im vorangegangenen Ermittlungsverfahren Gelegenheit gegeben worden ist, sich dazu zu äußern.

(3) Mit dem Eingang der Anschuldigungsschrift ist das Verfahren beim Berufsgericht anhängig.

§ 61

Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalts oder eines Rechtslehrers an einer deutschen Hochschule als Verteidiger bedienen. Das Berufsgericht kann auch andere geeignete Personen als Verteidiger zulassen. Dem Verteidiger steht das Recht, Einsicht in die Akten zu nehmen, in gleichem Umfange zu wie dem Beschuldigten.

§ 62

Der Kammervorstand kann sich im Verfahren vor dem Berufsgericht durch eine bevollmächtigte, von ihm als geeignet befundene Person vertreten lassen.

§ 63

(1) Der Vorsitzende des Berufsgerichts entscheidet durch Beschluss über die Eröffnung des Verfahrens vor dem Berufsgericht. Er kann sie ablehnen, wenn er den Verdacht eines Ver-stoßes gegen Berufspflichten für offensichtlich unbegründet oder das Verfahren für unzulässig hält. Der Beschluss ist zu begründen und dem Kammervorstand sowie dem Beschuldigten zuzustellen. Der Kammervorstand kann binnen eines Monats nach Zustellung gegen den ablehnenden Beschluss Beschwerde an das Landesberufsgericht einlegen, das endgültig entscheidet.

(2) Hält sich das Berufsgericht für örtlich unzuständig, so hat es die Sache an das zuständige Berufsgericht zu verweisen. Bei der Eröffnung trifft der Vorsitzende diese Entscheidung.

(3) Ist gegen den eines Verstoßes gegen Berufspflichten Beschuldigten wegen derselben Tatsachen die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben, so kann ein berufs-gerichtliches Verfahren zwar eröffnet, es muss aber bis zur Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden. Ebenso muss ein bereits eingeleitetes berufsgerichtliches Verfahren ausgesetzt werden, wenn während seines Laufes die öffentliche Klage erhoben wird. Das berufsgerichtliche Verfahren kann fortgesetzt werden, wenn im strafgerichtlichen Verfahren nicht verhandelt wird, weil der Beschuldigte flüchtig ist.

(4) Ist der Beschuldigte im strafgerichtlichen Verfahren freigesprochen, so kann wegen der Tatsachen, die Gegenstand der strafgerichtlichen Untersuchung werden, wenn diese Tatsachen, ohne den Tatbestand eines Strafgesetzes zu erfüllen, einen Verstoß gegen Berufs-pflichten enthalten.

(5) Für die Entscheidung im berufsgerichtlichen Verfahren sind die tatsächlichen Feststellun-gen des strafgerichtlichen Urteils bindend, wenn nicht das Berufsgericht einstimmig die Nachprüfung beschließt.

§ 64

(1) Wird die Eröffnung des Verfahrens nicht gemäß § 63 abgelehnt, so stellt der Vorsitzende des Berufsgerichts dem Beschuldigten die Anschuldigungsschrift und etwaige Nachträge zu und bestimmt eine Frist, innerhalb der der Beschuldigte sich schriftlich äußern kann.

(2) Der Beschuldigte kann nach Zustellung der Anschuldigungsschrift die dem Berufsgericht vorliegenden Akten einsehen und daraus Abschriften nehmen.

§ 65

(1) Nach Ablauf der in § 64 genannten Frist setzt der Vorsitzende den Termin zur Hauptver-handlung an und lädt hierzu den Kammervorstand und den Beschuldigten. Der Vorsitzende lädt ferner die Zeugen und Sachverständigen, deren persönliches Erscheinen er für erforderlich hält; ihre Namen sollen in den Ladungen des Kammervorstandes und des Beschuldigten angegeben werden. Ebenso ordnet er die Herbeischaffung anderer Beweismittel an, die er für erforderlich hält.

(2) Zwischen der Zustellung der Ladung und der Hauptverhandlung muss eine Frist von min-destens einer Woche liegen, wenn der Beschuldigte nicht auf die Einhaltung der Frist verzichtet.

(3) Verlangt der Beschuldigte die Ladung von Zeugen oder Sachverständigen oder die Herbeischaffung anderer Beweismittel zur Hauptverhandlung, so hat er unter Angaben der Tatsachen, über die der Beweis erhoben werden soll, seine Anträge bei dem Vorsitzenden zu stellen. Die hierauf ergehende Verfügung ist ihm bekanntzumachen. Beweisanträge des Be-schuldigten und die Verfügung sind dem Kammervorstand mitzuteilen. Lehnt der Vorsitzende den Antrag auf Ladung einer Person ab, so kann der Beschuldigte sie unmittelbar laden lassen.

(4) Der Kammervorstand kann Zeugen und Sachverständige zur Hauptverhandlung unmittel-bar laden; er hat den Vorsitzenden und den Beschuldigten hiervon zu benachrichtigen.

(5) Der Vorsitzende teilt der Aufsichtsbehörde den Termin zur Hauptverhandlung rechtzeitig mit.

§ 66

(1) Das Berufsgericht kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 59 Abs. 6 mit Zustimmung des Kammervorstandes und des Beschuldigten das Verfahren bis zum Ende der Hauptverhandlung durch Beschluss vorläufig einstellen und dem Beschuldigten zugleich die in § 59 Abs. 6 Satz 1 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. § 59 Abs. 6 Satz 2 und § 153 a Abs. 1 Satz 2 bis 5 der Strafprozessordnung gelten entsprechend. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
(2) Entscheidungen nach Abs. 1 Satz 1 und 2 teilt das Berufsgericht dem Kammervorstand und der Aufsichtsbehörde mit.

§ 67

(1) Hält der Vorsitzende des Berufsgerichts eine Warnung, einen Verweis oder eine Geldbuße bis zu eintausend Euro (zweitausend Deutsche Mark) für ausreichend, so kann er ohne Hauptverhandlung einen Beschluss des Berufsgerichts herbeiführen. In dem Beschluss kann nur auf Warnung, Verweis oder Geldbuße bis zu eintausend Euro (zweitausend Deutsche Mark) erkannt werden. Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Kammervorstand zu hören.

(2) Gegen den Beschluss können der Kammervorstand, die Aufsichtsbehörde und der Beschuldigte binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Berufsgerichts Einspruch erheben. Bei rechtzeitigem Einspruch wird zur Hauptverhandlung geschritten, sofern nicht bis zu ihrem Beginn der Einspruch zurückgenommen wird. Das Berufsgericht ist an seine Entscheidung im Beschlussverfahren nicht gebunden.

(3) Wird gegen den Beschluss nicht rechtzeitig Einspruch erhoben, so erlangt er die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils.

§ 68

(1) Die Hauptverhandlung findet statt, auch wenn der Beschuldigte nicht erschienen ist. Ist der Beschuldigte aus zwingenden Gründen am Erscheinen verhindert, hat er dies rechtzeitig mitgeteilt und lässt er sich auch nicht durch einen Verteidiger vertreten, so ist ein neuer Termin zur Hauptverhandlung anzuberaumen.

(2) Ist der Beschuldigte verhandlungsunfähig, so ist das Verfahren bis zur Wiederherstellung der Verhandlungsfähigkeit des Beschuldigten auszusetzen. Der Vorsitzende kann jederzeit vom Beschuldigten zum Nachweis seiner Verhandlungsunfähigkeit die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses verlangen.

§ 69

(1) Die Hauptverhandlung ist unbeschadet der Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes nicht öffentlich. Vertretern der Aufsichtsbehörde und Mitgliedern des Kammervorstandes sowie von ihm beauftragten Personen ist die Teilnahme gestattet; ihnen ist auf Antrag Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(2) Das Berufsgericht kann durch Beschluss anderen als den in Abs. 1 genannten Personen die Anwesenheit in der Hauptverhandlung gestatten.

§ 70

(1) In der Hauptverhandlung trägt der Vorsitzende, beim Landesberufsgericht ein von ihm zum Berichterstatter ernanntes berufsrichterliches Mitglied in Abwesenheit der Zeugen das Ergebnis des bisherigen Verfahrens vor. Dabei können Niederschriften über Beweiserhebungen aus dem vorangegangenen Ermittlungsverfahren oder einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren durch Verlesen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden; das gilt nicht, soweit der Beweis auf der Wahrnehmung einer Person beruht, die als Zeuge oder Sachverständige geladen und erschienen ist. Ist der Beschuldigte erschienen, so wird er gehört.

(2) Sodann werden die Zeugen und Sachverständigen vernommen, soweit nicht der Beschuldigte, das Gericht und der Kammervorstand auf die Vernehmung verzichten.

(3) Das Berufsgericht kann, wenn es weitere Beweiserhebungen für erforderlich hält, neue Zeugen oder Sachverständige vernehmen oder ein Mitglied des Gerichtes damit beauftragen oder im Wege der Rechtshilfe ein anderes Gericht darum ersuchen.

(4) Nach Schluss der Beweisaufnahme ist dem Kammervorstand Gelegenheit zu geben, Anträge zur Schuldfrage und zur Bemessung der Maßnahmen nach § 50 zu stellen. Sodann sind der Beschuldigte und sein Verteidiger zu hören. Der Beschuldigte hat das letzte Wort.

§ 71

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Das Berufsgericht kann zum Gegenstand der Urteilsfindung nur die Anschuldigungspunkte machen, die in der Anschuldigungsschrift und ihren Nachträgen dem Beschuldigten als Verstoß gegen Berufspflichten zur Last gelegt werden, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellen. Wird ein Nachtrag zur Anschuldigungsschrift dem Beschuldigten nicht spätestens eine Woche vor der Hauptverhandlung zugestellt, so können die in diesem Nachtrag dem Beschuldigten zur Last gelegten Anschuldigungspunkte nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung zum Gegenstand der Hauptverhandlung und Urteilsfindung gemacht werden. Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Berufsgericht nach seiner freien Überzeugung.

(3) In dem Urteil kann nur auf die in § 50 Abs. 1 und 3 bezeichneten berufsgerichtlichen Maßnahmen erkannt werden, der Kammerangehörige freigesprochen oder das Verfahren eingestellt werden. Das berufsgerichtliche Verfahren ist, abgesehen von dem Fall des § 260 Abs. 3 der Strafprozessordnung einzustellen,
1. wenn ein Verfahrenshindernis besteht, insbesondere wenn das Verfahren nicht rechtswirksam eingeleitet ist;
2. wenn der Beschuldigte durch Verzicht auf die Approbation oder Beendigung der Berufsausübung aus einem anderen Grund endgültig die Kammerzugehörigkeit verliert.

(4) Das Urteil wird durch Verlesen der Urteilsformel und mündliche Mitteilung der wesentlichen Urteilsgründe verkündet. Es ist schriftlich abzufassen und mit Gründen zu versehen. Das Urteil ist von allen Mitgliedern des Gerichts, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert zu unterschreiben, so wird dies unter Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(5) Das Urteil ist mit Rechtsmittelbelehrung dem Beschuldigten, dem Kammervorstand und der Aufsichtsbehörde zuzustellen. Ist der Beschuldigte durch einen Verteidiger vertreten, so ist diesem das Urteil zuzustellen.

§ 72

(1) Gegen die Urteile der Berufsgerichte ist die Berufung durch den Beschuldigten, den Kammervorstand und die Aufsichtsbehörde zulässig. Legt nur die Aufsichtsbehörde Berufung ein, so führt sie die Berufung im eigenen Namen durch.

(2) Die Berufung hat aufschiebende Wirkung.

(3) Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Berufsgericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Landesberufsgericht eingeht.
(4) Die Berufungsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden.

(5) Die Kostenentscheidung allein kann nicht angefochten werden.

§ 73

Für das Verfahren vor dem Landesberufsgericht gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Berufsgerichten entsprechend, soweit nicht Abweichendes bestimmt ist. § 67 findet keine Anwendung.

§ 74

(1) Das Landesberufsgericht verwirft die Berufung durch einen mit Gründen versehenen Beschluss, wenn sie nicht frist- oder formgerecht eingelegt ist. Der Beschluss ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter.

(2) Soweit das Landesberufsgericht die Berufung für zulässig und begründet hält, hebt es das Urteil des Berufsgerichts auf und entscheidet in der Sache selbst, falls es nicht nach § 75 Abs. 1 verfährt. Das Landesberufsgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen des Berufs-gerichts nicht gebunden.

§ 75

(1) Das Landesberufsgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache zurückverweisen, wenn das Verfahren erster Instanz an einem wesentlichen Mangel leidet. Das Berufsgericht ist insoweit an die rechtliche Beurteilung des Landesberufsgerichts gebunden.

(2) Werden vor dem Landesberufsgericht im Wege der Nachtragsanschuldigung neue Be-schuldigungen erhoben, so kann darüber nur verhandelt und entschieden werden, wenn der Beschuldigte nach ausdrücklichem Hinweis zustimmt.

§ 76

(1) Gegen nicht endgültige Beschlüsse des Berufsgerichts ist die Beschwerde an das Landesberufsgericht zulässig, gegen Entscheidungen, die der Urteilsfällung vorausgehen,
jedoch nur, soweit sie die Verhängung einer berufsgerichtlichen Maßnahme oder eine dritte Person betreffen.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Berufsgericht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntmachung der Entscheidung einzulegen; die Beschwerdefrist wird jedoch auch gewahrt, wenn während ihres Laufes die Beschwerde beim Landesberufsgericht eingelegt wird.

(3) Das Berufsgericht kann der Beschwerde abhelfen. Andernfalls entscheidet das Landesberufsgericht endgültig.

(4) Der Vorsitzende des Berufsgerichts verwirft die Beschwerde als unzulässig, wenn sie verspätet eingelegt ist. Die Entscheidung ist zuzustellen.

§ 77

(1) Ein Verurteilter kann die Wiederaufnahme eines durch endgültige Entscheidung abgeschlossenen berufsgerichtlichen Verfahrens beantragen, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen geeignet erscheinen, die Freisprechung oder eine mildere Maßnahme nach § 50 zu begründen. Die Wiederaufnahme kann ferner beantragt werden, wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist.

(2) Über Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens entscheidet das Landesberufsgericht ohne mündliche Verhandlung.

(3) Ist der Antrag zulässig (Abs. 1), so ordnet der Vorsitzende des Landesberufsgerichts, soweit es nötig ist, die Erhebung der Beweise an.

(4) Nach Schluss der Beweisaufnahme fordert er den Kammervorstand und den Verurteilten auf, sich innerhalb einer Frist zu erklären.

(5) Das Landesberufsgericht verwirft den Antrag als unbegründet, wenn sich die darin aufgestellten Behauptungen nicht hinreichend bestätigt haben; andernfalls hebt es die Verurteilung auf und ordnet die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Berufsgericht an.

(6) Das Landesberufsgericht kann mit Zustimmung des Kammervorstandes den Verurteilten ohne mündliche Verhandlung sofort freisprechen, wenn genügende Beweise bereits vorliegen.

§ 78

(1) In jeder Entscheidung, die das Verfahren im Rechtszuge beendet, muss bestimmt werden, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Sie bestehen aus den Gebühren und den baren Auslagen des Verfahrens.
(2) Die Gebühr beträgt für jede Instanz zwischen fünfhundert und tausend Euro (tausend und zweitausend Deutsche Mark), für das Beschlussverfahren nach §§ 67 und 74 zwischen zweihundertfünfzig und fünfhundert Euro (fünfhundert und tausend Deutsche Mark), für die Entscheidung des Berufsgerichts im Rügeverfahren nach § 59 Abs. 4 zwischen vierhundert und achthundert Euro (achthundert und tausendsechshundert Deutsche Mark). Das Gericht bestimmt in der Entscheidung die Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sache sowie der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten.

(3) Als bare Auslagen gelten:
1. Entschädigungen der Zeugen und Sachverständigen,
2. Tagegelder und Reisekosten der Mitglieder der Berufsgerichte bei Geschäften außerhalb des Sitzes des Berufsgerichts,
3. Portogebühren für Zustellungen und Ladungen und für die auf Antrag übersandten Ausfer-tigungen und Abschriften sowie Fernschreib- und Fernsprechgebühren,
4. Schreibgebühren; § 11 des Gerichtskostengesetzes findet entsprechende Anwendung.

(4) Dem Beschuldigten, der im Berufsgerichtsverfahren verurteilt wird, sind die Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Entsprechendes gilt, wenn das Berufsgerichtsverfahren aus den Gründen des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 eingestellt wird und nach dem Ergebnis der Ermittlun-gen ein Verstoß gegen Berufspflichten erwiesen ist. Stirbt der Beschuldigte vor Abschluss des Verfahrens, ist § 467 Abs. 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(5) Lehnt das Berufsgericht die Eröffnung des Verfahrens gemäß § 63 ab, so werden Gebüh-ren nicht erhoben. Entsprechendes gilt, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder das berufsgerichtliche Verfahren in anderen als den in Abs. 4 Satz 2 bezeichneten Fällen eingestellt wird. Die baren Auslagen fallen der Kammer zur Last. Das Berufsgericht kann sie in den Fällen des Satz 2 ganz oder teilweise dem Beschuldigten auferlegen, wenn er sie durch sein Verhalten verursacht hat oder hinreichender Tatverdacht bestand.

(6) Die dem Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen können ganz oder zum Teil der Kammer auferlegt werden, wenn das Berufsgericht feststellt, dass ein Verstoß gegen die Berufspflichten nicht erwiesen ist. Im Falle des Abs. 5 sind sie ganz der Kammer aufzuerle-gen. Dies gilt nicht bei Einstellung des Verfahrens nach § 66 Abs. 1. Zu den notwendigen Auslagen gehören auch die Kosten der Verteidigung.

(7) Im Falle des § 72 Abs. 1 Satz 2 fallen in entsprechender Anwendung der vorstehenden Abs. 5 und 6 die Kosten der Staatskasse zur Last.

(8) Die Abs. 4 bis 6 gelten für das Verfahren vor dem Landesberufsgericht entsprechend.

§ 79

(1) Wenn die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die Entscheidung muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

§ 80

Der Kammervorstand kann die Durchführung von Ermittlungen nach § 57 Abs. 3 von der Erhebung einer Gebühr in Höhe von einhundertfünfzig Euro (dreihundert Deutsche Mark) abhängig machen. Im übrigen gilt § 78 entsprechend.

§ 81

Hat ein Kammermitglied durch eine vorsätzliche oder leichtfertig erstattete unwahre Anzeige die Durchführung von Ermittlungen veranlasst, so findet § 469 der Strafprozessordnung sinngemäße Anwendung.

§ 82

(1) Die Kosten werden durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des erstinstanzlichen Gerichts festgesetzt.

(2) Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzung sind binnen zwei Wochen seit Zustellung beim Berufsgericht für Heilberufe einzulegen. Gegen dessen Entscheid ist die sofortige Beschwerde binnen zwei Wochen seit Zustellung des Beschlusses an das Landesberufsgericht zulässig.

§ 83

(1) Die Entscheidungen der Berufsgerichte werden mit Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig, wenn kein Rechtsmittel eingelegt ist. Wird auf Rechtsmittel verzichtet oder ein Rechtsmittel zurückgenommen, so tritt die Rechtskraft in dem Zeitpunkt ein, in dem die Erklärung des Verzichts oder der Zurücknahme dem Berufsgericht zugeht. Endgültige Entscheidungen der Berufsgerichte werden mit ihrer Bekanntmachung rechtskräftig.

(2) Entscheidungen der Berufsgerichte werden vollstreckbar, soweit sie rechtskräftig geworden sind.

§ 84

(1) Die Einziehung vom Berufsgericht rechtskräftig auferlegter Geldbuße sowie der Gebühren, die gegen den Verurteilten rechtskräftig festgesetzt sind, obliegt der Kammer, der der Verurteilte angehört oder zur Zeit des Berufsvergehens angehört hat.

(2) Geldbußen und Gebühren werden wie rückständige Beiträge und Ordnungsgelder gemäß § 12 beigetrieben. Vollstreckungstitel sind die mit der Bestätigung der Rechtskraft versehenen Urteilsfertigungen und Kostenfestsetzungsbeschlüsse.

(3) Die Einziehung beim Berufsgericht entstandener barer Auslagen obliegt dem Berufsgericht. Für die Vollstreckung sind die für das Strafverfahren geltenden Vollstreckungsvorschriften sinngemäß anzuwenden.

§ 85

Zur Ergänzung der Bestimmungen dieses Abschnitts sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Sitzungspolizei, die Gerichtssprache, die Beratung und die Abstimmung sowie die Vorschriften der Strafprozessordnung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des Berufsgerichtsverfahrens entgegensteht.

§ 86

Die Kammern tragen die sächlichen und die persönlichen Kosten der Berufsgerichte für die Verfahren, die auf ihren Antrag oder auf Antrag eines Kammerangehörigen nach § 59 Abs. 4 Satz 4 durchgeführt worden sind. In gleichem Maße stehen ihnen die Einnahmen an Kosten und Geldbußen zu; Überschüsse sind nach Ablauf des Rechnungsjahres den Fürsorgeein-richtungen der Kammern zuzuführen.

§ 87

Das Landesprüfungsamt für Heilberufe besteht beim Hessischen Landesamt für Versorgung und Soziales.

§ 88

Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2006 außer Kraft. *)

*)   Anm.: In Hessen werden seit Beginn der laufenden Legislaturperiode alle neuen oder geänderten Gesetze und Verordnungen auf 5 Jahre befristet.